Stichworte

  • Ort: Hinterhof
  • Protagonist: Pianist
  • Gegenstand: Zahnseide
  • Umfang: 2397 Zeichen


Das neue Konzept

Der Anruf kam gegen Mitternacht. Wir fahren zu einem dunklen Hinterhof mitten in Sachsenhausen. Ich kann schon die Lichter des Einsatzwagens vor Ort sehen. Die Spurensicherung ist am Tatort. Andy von der KTU beugt sich über eine männliche Leiche.
"Hallo Andy, hast du schon etwas für uns?"
"Ja, zwei Brieftaschen! Der Tote heißt Martin Fischer. Die zweite Börse ist von Gerhart Kraus, ein Kunstmäzen aus der City."
"Komischer Raubmord", murmelt Joseph vor sich hin.
"Das wird noch besser, Jo. Siehst du die Hornhäute an den Fingerspitzen?" Andy hebt eine Hand und zeigt uns die Finger des Toten. "Die sind typisch für Pianisten und nicht für Taschendiebe."
"Todesursache?", frage ich Andy.
"Eine dünne Schnur oder ein Draht. Genaueres kann ich euch erst nach dem Labor sagen."
"Ist das zweite Portemonnaie freigegeben?"
"Nein, Manni, aber den Perso kann ich dir geben."
"Danke, Andy. Jo, lass uns fahren. Mich interessiert, was dieser Kraus dazu sagt."

Zehn Minuten später stehen wir vor der Tür des Mäzen und klingeln.
"Guten Abend", grüße ich, "mein Name ist Manfred Schulze, mein Kollege Joseph Witek, wir sind von der Kripo Frankfurt. Sind Sie Gerhart Kraus?"
"Ja, was kann ich für Sie tun?"
"Kennen Sie Martin Fischer?"
"Den habe ich seit fast einem Monat nicht mehr gesehen, aber kommen Sie bitte rein."
"Seit wann protegieren Sie ihn?"
"Seit vier Jahren, ist ihm etwas passiert?"
"Er liegt tot in einem sachsenhäusner Hinterhof."
"Was hat das mit mir zu tun?"
"Wie kam er zu ihrem Personalausweis?"
"Gar nicht!" raunzt mich Kraus an, "Was soll das?"
Mit den Worten "Hier ist er", übergebe ich ihn. Kraus wird weiß.
"Das hat er mit neuem Showkonzept gemeint. Ich habe nicht gewusst, daß er so weit ist."
"Das war heut abend, oder?"
"Ja," Enttäuschung spiegelt sich in Krauses Augen, "dieser Dummkopf wollte alles umschmeißen und Meisterdieb werden!"
"Und dann?"
"Martin hatte zehn Auftritte in der Tasche. Für einen Pianist wie ihn ein Klacks."
"Doch er wollte nicht", wirft Jo ein.
"Er wäre im nächsten Monat schuldenfrei gewesen."
"Dann kam es zum Streit, nicht wahr, Herr Kraus?" vervollständigt Jo.
"Der dieses Mal außer Kontrolle geraten ist", übernehme ich wieder.
"Ja, ich hätte ihn zum Teufel jagen sollen."
"Das haben Sie jetzt nachgeholt. Womit haben Sie ihn erdrosselt?"
"Ich hätte nie gedacht, daß es mit Zahnseide geht."

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