Programmieren - Kunst oder Handwerk?

Programme - sinnvoll aneinander gereihte Anweisungen zum Zwecke der Verrichtung automatisierter Abläufe auf elektronischen Rechenmaschinen. Kann so etwas Kunst sein?

Laut Wikipedia [5] bezeichnet das Wort Kunst (lateinisch ars, griechisch téchne [1]) im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist (Heilkunst [2], Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind [3]. Somit ist Kunst ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses [4]. Das Kunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der Moderne auch der Prozess selbst sein. Ausübende der Kunst im engeren Sinne werden Künstler genannt.
Ende des Zitats.

Der Künstler muss aus handwerklicher Sicht mit seinen Materialien und Werkzeugen genauso vertraut sein, wie der Programmierer mit seinen Algorithmen. Damit stellt sich die Frage, ob Kunst eine besondere Ausprägung des Handwerks ist.

Welche handwerklichen Tätigkeiten werden bei der Softwareentwicklung benötigt?
Variablen, Felder, Kontrollstrukturen, Methoden, Klassenkonzepte, Rekursion, und Ausnahmebehandlungen sollten in der oder den Zielsprachen ebenso bekannt sein, wie ein Grundverständnis der GMP (Good Manufacturing Practice), die sich um die do und dont's der Programmierung kümmert. Der wichtigste Punkt ist dabei immer die Kommunikation mit der realen Welt. Hierbei werden Themen, wie das Prüfen der vorliegenden Eingaben und die Fehlertoleranz gegenüber Abweichungen zur geforderten Form angeschnitten.

Um das Rad nicht ständig neu erfinden zu müssen, werden in der Softwareentwicklung Design Pattern verwendet. Dies sind, ähnlich dem Schnittmuster für Schneider, Vorlagen, die eine gegebene Problemstellung lösen können. Design Pattern verdeutlichen damit prinzipielle Funktionsweisen, die mit eigenem Code realisiert werden müssen. Im Gegensatz dazu stehen die Snippets, die als weitgehend fertiger Code per copy-paste in das eigene Programm eingefügt werden können. Hierbei halte ich es für unumgänglich, dass die Funktionsweise der Codefragmente weitgehend verstanden wurde. Viel zu oft musste ich jedoch feststellen, dass Programmierer ohne Kenntnis der genauen Funktion diese Snippets einfach einsetzen. Dies könnte jedoch genauso gut auch ein automatisiertes Kopierprogramm erledigen.

Um das Programmieren zur Kunst zu erheben reicht es nicht, wenn angeeignetes Wissen nach ausreichender Übung und Wahrnehmung der Aufgabenstellung, in ein paar Zeilen Code zu gießen. Selbst wenn damit ein Problem gelöst wird, ist dies nur der halbe Weg. Zur Kunst gehört meiner Meinung nach der intuitive Prozess des Softwareentwicklers, der ein paar Zeilen Code so in unser Leben einflechtet, dass wir sie als künstlich erzeugtes Produkt gar nicht mehr wahrnehmen.

Quellennachweis:

  • [1] Klaus Bergdolt: Bildende Kunst und Medizin. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 177 f.
  • [2] Sönke Drewsen: Medizin - Wissenschaft oder Kunst? In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. 7, 1989, S. 45-54.
  • [3] Niklas Luhmann: Die Kunst der Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3518582038.
  • [4] Stephen Farthing (Hrsg.): Kunst. Die ganze Geschichte. DuMont, Köln 2011, ISBN 978-3-8321-9385-0 (englisch: Art. The whole story. Übersetzt von Jens Asthoff).
  • [5] Wikipedia, die freie Enzyklopädie, https://de.wikipedia.org/wiki/Kunst . Download am 16.06.2018

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